Weihnachtszeit ist Geschenkezeit. Das wissen auch die Händler und setzen alles daran, dass Schenkwillige dieser Tage mit vollen Taschen die Geschäfte verlassen.
Oliver Büttner, Professor für Marketingpsychologie an der Zeppelin-Universität, verrät im SZ-Interview mit Hagen Schönherr die Verkaufstricks der Händler – und warum er trotzdem aus dem Bauch raus Geschenke kauft.
Herr Büttner, welche Strategien wenden Händler an, um mich in Geschenke-Kauflaune zu versetzen?
Zur Weihnachtszeit gibt es eine Menge klassische Verkaufsstrategien, die wirken: Da ist vor allem Musik zu nennen, die zur Weihnachtszeit verstärkt in Geschäften eingesetzt wird. Musik hat nachweislich einen großen Einfluss auf unser Erlebnis und unsere Aufenthaltsdauer im Laden. Außerdem arbeiten Händler an all unseren Sinnen, um uns in Geschenke-Kauflaune zu versetzen. Das fängt beim aufgestellten Weihnachtsmann an und endet nicht erst beim gezielten Einsatz von Düften – zum Beispiel nach frisch gebackenen Keksen – um ein Weihnachtsgefühl in den Kunden auszulösen. Das nennt sich übrigens multisensorisches Marketing.
Warum funktioniert das?
Nun, die Händler versuchen den Aufenthalt im Geschäft so angenehm wie möglich zu gestalten. Wir sollen gerne im Laden bleiben und auch ein bisschen die Zeit vergessen. Je länger ich nämlich im Laden bin, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich ein Produkt entdecke, das ich zusätzlich kaufe. Zusätzliche Käufe machen einen hohen Teil der Umsätze von Geschäften aus und der Anteil von Kaufentscheidungen, die erst vor Ort im Laden getroffen werden, ist außerordentlich hoch.
Ich soll also etwas kaufen, von dem ich nicht wusste, dass ich es will?
Genau. Auch wenn ich den Laden mit dem Ziel betrete, etwas Bestimmtes zu kaufen, soll ich eben noch etwas mehr in die Tüte packen – Dinge, die nicht auf meinem Zettel stehen. Dann gibt es aber noch den Fall, dass ich mich wirklich inspirieren lassen will, weil ich noch gar keine Geschenkidee habe. Die Händler-Strategien funktionieren natürlich auch hier.
Nun weiß ich als aufgeklärter Kunde, dass ich verführt werden soll und will das sogar manchmal. Wie schaffe ich es trotzdem, Geschenke einzukaufen, die wirklich Freude bringen?
Wer ein konkretes Geschenk im Auge hat, sollte sich diesen Kauf konkret vornehmen. Ein einfacher Trick ist dabei tatsächlich der gute alte Einkaufszettel. Wer keine konkreten Vorstellungen hat, bei dem ist die Wahrscheinlichkeit hingegen groß, etwas Neues zu entdecken. Wer dann etwas Schönes gefunden hat, sollte allerdings nochmal aus der Einkaufsituation rausgehen. Gehen Sie kurz an die frische Luft, drehen Sie nochmal ne Runde, denken Sie nochmal über den geplanten Kauf nach. Wenn das Geschenk auch ohne Musik und passendes Licht attraktiv erscheint, dann spricht doch nichts dagegen, es auch zu kaufen. Ich will hier nichts verteufeln. Kaufen und Verkaufen ist ein wechselseitiges Spiel zwischen Händlern und Kunden und es ist auch in Ordnung, da einmal mitzuspielen. Wer sich am Ende total abschirmt, dem macht doch der Weihnachtsbummel keinen Spaß mehr.
Sind Sie als Experte immun gegen Verkaufsstrategien? Wie halten Sie es mit dem Geschenkekauf?
Ich mache beides. Wenn ich konkrete Vorstellungen habe, dann kaufe ich häufig übers Internet, dort informiere ich mich auch. Gleichzeitig lasse ich mich auch gerne in Geschäften inspirieren, wenn mir eine gute Geschenkidee fehlt. Dann gehe ich in den Laden und schaue mich um. Ich bin dann genau so anfällig für Verkaufsstrategien und Käufe aus dem Bauch heraus wie andere Menschen auch. Mir fällte es nur hinterher öfter auf. Ich bekenne: Ja, ich bin auch schon glücklich mit einem Impulskauf aus dem Laden rausgegangen.
Was ist eigentlich für Sie persönlich das schönste Weihnachtsgeschenk?
Ich mag es wenn ich überrascht werde, wenn ich vorher nicht weiß, was es ist – und es dann trotzdem zu mir passt. Da ist dann egal ob es selbstgemacht oder gekauft, teuer oder billig war.
Zur Person
Oliver Büttner(40 Jahre, Foto: pr) ist Professor am Lehrstuhl für Marketing- und Konsumentenverhalten an der Zeppelin Universität Friedrichshafen.
Er hat Studien und Forschungen zum Kaufverhalten von Kunden begleitet und weiß genau, was bei einem Spontankauf im Gehirn passiert. Vor sechs Jahren erhielt er den Preis der Deutschen Marktforschung als "Nachwuchsforscher 2009".