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Mutter und Sohn suchen dringend neue Bleibe

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Die Häflerin Deniz Güneyce steht mitten im Leben, verdient Geld und erzieht liebevoll ihre beiden Söhne. Dann stürzt sie eines Tages mit dem Motorrad – und auf einen Schlag ist im Leben nichts mehr, wie es war: Im Trubel von Reha und Klinikaufenthalt verliert Güneyce die Kontrolle über ihr Leben. Als sie von vorne anfangen will, droht ihr dann auch noch die Obdachlosigkeit.

Wussten Sie, dass der 28. August 1951 ein Dienstag war? Der 22-jährige Sohn von Deniz Güneyce, Baris, weiß es. Gerade hat der schüchterne Mann seine Ausbildung zum Metallverarbeiter abgeschlossenen. Doch weil er an einer milden Form des Autismus leidet, hat er besondere Begabungen: Baris kann nach kurzem Nachdenken den Wochentag zu nahezu jedem beliebigen Datum sagen, löst Knobelwürfel wie den "Rubik’s Cube" in kürzester Zeit oder spielt am Klavier die Filmmusik der "Wunderbaren Welt der Amelie" perfekt nach - ohne Noten, nur vom Hören. Nicht nur mit dem Klavierspielen könnte für den jungen Mann aber bald Schluss sein. Ohne passendes Angebot droht der wegen seiner Erkrankung von der Mutter abhängige Baris gemeinsam mit ihr in ein Heim für Wohnungslose zu kommen. Alles nur wegen eines fatalen Tags.

Die Welt der Güneyces war bis zum Oktober 2013 noch völlig in Ordnung. Die 46-jährige Alleinerziehende hatte damals einen festen Job als Frisörin und Visagistin. Daneben kümmerte sie sich um ihre beiden Söhne Burak – der demnächst ein Studium beginnen will – und Baris. Das Leben der Familie ist hart, aber glücklich. Deniz Güneyce betont, dass sie damals nicht einen Tag von der Hilfe anderer Menschen abhängig war. "Ich bin halt eine schwäbische Türkin", sagt sie stolz.

Kündigung im Briefkasten

Doch dann springt Deniz Günaydin an jenem Schicksaltag eine Katze vors Motorrad. Sie weicht aus, wird schwer verletzt. Monatelang muss sie im Krankenhaus liegen, ein Beim ist gelähmt. Es dauerte weitere Monate bis sie sich, erst im Rollstuhl, später mit Krücken, wieder einigermaßen bewegen kann. Trotzdem verliert sie ihren Job und nicht nur das: Wegen dem Unfall stürzt Deniz Güneyce in die größte Krise ihres Lebens. Sie fühlt sich ans Bett gefesselt, hat Angst um ihre Zukunft. Im Dauer-Delirium vergisst sie dann, sich um staatliche Hilfen wie Arbeitslosengeld zu kümmern. Kurze Zeit, nachdem sie wieder in ihre eigene Wohnung darf, landet daher die Kündigung im Briefkasten. Wenn Deniz Güneyce nicht bis zum 15. September einen Ersatz findet, wird die Stadt Friedrichshafen sie und ihren Sohn wohl in einer Obdachlosenunterkunft unterbringen.

"Ich werde mich quer vor die Tür legen. Das kommt nicht in Frage", sagt dazu Bernd Strohmaier, Sozialdiakon der katholischen Kirche in Friedrichshafen. Er hat kürzlich Wind von den Problemen bei den Güneyces bekommen. Der Unfall habe die Familie "mitten aus dem Leben rausgeholt". Jetzt drohe wegen einer kleinen Nachlässigkeit auch noch das Abgleiten in die Obdachlosigkeit – mit unvorhersehbaren Folgen für Mutter und Sohn.

Strohmaier hat sich deshalb der Familie angenommen und setzt sich dafür ein, dass schnell eine neue Wohnung gefunden wird. Er ruft alle Häfler auf, die eine passende Wohnung vermieten können, sich bei ihm zu melden. Gesucht wird möglichst eine Dreizimmerwohnung mit Einbauküche im gesamten Bodenseekreis bis zu 600 Euro Kaltmiete. Strohmaier verspricht: Weil die Familie längst Hilfe von der Stadt Friedrichshafen erhält, ist auch die Miete für eine Wohnung sicher.

Jetzt liegt es an Wohnungsbesitzern der Region, ein Herz für die kleine Familie zu haben. Der Diakon drückt die Daumen, mehr noch hoffen Deniz Güneyce und ihr Sohn auf einen erlösenden Anruf: "Dann mache ich einen Bauchtanz mit Krücken", sagt die 46-jährige lachend.


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