"Jetzt noch mal schnell in den See nei jucken" – wer träumt davon nicht an heißen Sommertagen. Richtig buchstabengetreu geht das nur von einem Sprungturm aus. Doch wer es in Zeiten von Olympia den Turmspringern von Rio nachmachen will, hat schlechte Karten: Sprungtürme am Bodensee sterben langsam aus.
Der letzte Sprung von einem Fünf-Meter-Brett in den Bodensee vor Friedrichshafen, er dürfte im Jahr 2003 passiert sein. Damals stand einige Meter draußen vor dem Strandbad von Friedrichshafen noch ein Sprungturm mit Drei- und Fünf-Meter-Brett. Über Jahrzehnte war er Treffpunkt von Wagemutigen, die hier Sprünge ins Nass übten.
Turm abgerissen
Was jahrelang gut ging und kaum für Zwischenfälle sorgte, wurde aber irgendwann Opfer neuer Bestimmungen. Eines Tages hieß es, der weit draußen liegende Turm dürfe nur noch mit einer Aufsichtsperson betrieben werden. Außerdem machte die Wassertiefe des Sees – 3,8 Meter mussten es für sicheres Springen sein – oft Sorgen. "Wir haben dann die Leitern abgebaut", sagte Strandbad-Betriebsleiter Theo-Robert Schlegel nach dem Abbau des Turms zur SZ. Weil immer noch Menschen in den See gesprungen seien, wurde der Turm dann ganz abgerissen.
Das Schicksal des Häfler Sprungturms ist indes kein Einzelfall am Bodensee. Offenbar passen die Gerüstbauwerke immer seltener zur Vorstellung einer risikofreien Gesellschaft. So wurde ein vorhandener Sprungturm am Hagnauer Naturbadestrand diesen Sommer zu einer Vogelplattform umfunktioniert. Für Badende ist er nicht mehr zugänglich. Der Grund: ebenfalls Unsicherheiten mit der sogenannten "Verkehrssicherungspflicht" des beliebten Freizeitangebots. Selbst am Schweizer Seeufer sind Klagen über schwindende Sprungtürme bekannt: "Tendenziell eliminieren die Bäder mögliche Gefahrenquellen, um Aufsichtspersonal zu sparen. Ich erhalte in letzter Zeit vermehrt Meldungen, dass die hohen Sprungtürme teilweise nur noch zögerlich geöffnet werden", schreibt Daniel Schmid, Betreiber der Bäder-Webseite "badi.ch" auf SZ-Anfrage.
Meersburg hat noch einen Turm
Dass es auch anders geht, beweist derzeit allerdings ein Blick nach Meersburg. Auch dort gibt es einen kleinen Sprungturm vor dem Freibad, aus zwei bis drei Metern kann man dort ins Wasser springen. Doch auch in Meersburg gab es Bedenken, falls der Seepegel einmal zu niedrig zum Schwimmen sein sollte. Statt einer Schließung oder eines Verbots war man in der Burgenstadt aber kreativer beim Umgang mit dem Problem: Erst hatten anno 2013 junge Helfer der DLRG einen Wasserstandsmesser an den Turm gebaut, der Sicherheit beim Springen bot. Heute wird der Turm schlicht nur bei zu niedrigem Wasser gesperrt und ist sonst offen – zur Freude der Badegäste.
Sprungfreie Zone
Dass die Sprungtürme übrigens mehr sind als bloß eine Freizeitbeschäftigung von Halbstarken, belegt ein Blick ins Strandbad Eriskirch. Dort gibt es zwar nicht im See, sondern nur im Becken einen Sprungturm. Der hat es allerdings schon zum Star vor der Kamera gebracht: Im Juni drehte dort eine Regisseurin Filmaufnahmen unter Wasser mit Tauchern, die auch mal für gute Bilder vom Turm ins Wasser sprangen.
Wer es ihnen nachmachen will, dem kann die Schwäbische Zeitung nur empfehlen, einen der wenigen verbliebenen Sprungtürme der Region zu nutzen. Neben Eriskirch gibt es in Lindau noch einen Sprungturm und auch im alten Hallenbad von Friedrichshafen ist noch eine Innenanlage in Betrieb.
Auch im neuen Sportbad von Friedrichshafen wird es eine Einmeter-, Dreimeter- und Fünfmeter-Sprunganlage geben. Nur der Bodensee wird vor Friedrichshafen weiter eine sprungfreie Zone bleiben: Im neuen Freibad Fischbach ist keine Anlage geplant.