Quantcast
Channel: Stadt Friedrichshafen SeniorenApp Region
Viewing all articles
Browse latest Browse all 6959

Katamaran-Unfall: Ermittlungen gegen Kapitän

$
0
0

Beim schweren Schiffsunglück im Seeraum vor Immenstaad, bei dem wie berichtet der Katamaran "Constanze" eine Zehn-Meter-Yacht versenkt hat, ist ein Sachschaden von annähernd 200000 Euro entstanden. Gegen den Kapitän des Katamarans läuft ein Ermittlungsverfahren.

Der Kat hatte kein Wegerecht, der Kapitän hatte die Yacht anscheinend übersehen. Er muss mit einer Anklage wegen "Gefährdung der Schifffahrt" rechnen, sagt die Polizei.

Es geschah am Freitag gegen 17.15 Uhr: "Der Kat hat das Segelboot mit dem Backbordbug mittschiffs getroffen", erklärt Roland Fleischer, Sprecher der Polizeidirektion Einsatz in Göppingen, zu der auch die ermittelnde Wasserschutzpolizei gehört. Der Aufprall war so stark, dass die zweiköpfige Besatzung (eine 64-Jährige, die leicht verletzt wurde, und ihr 69-jähriger Ehemann) über Bord geschleudert wurden, die hochseetüchtige Yacht in zwei Teile zerrissen wurde. Die über vier Tonnen schwere "Faurby 330" lief voll unter Segeln. Nach Worten von Fleischer wehte zum Unglückszeitpunkt "ein leichter Wind, das Wetter war schön, die Sicht gut".

Yacht sinkt auf 240 Meter Tiefe

Während die Yacht (Zeitwert rund 150 000 Euro) auf rund 240 Meter Tiefe gesunken ist, liegt der Kat in der Werft der Bodensee-Schiffsbetriebe in Friedrichshafen. Kurz nach dem Unfall sprach die Polizei von einer Schadenshöhe von rund 5000 Euro am Kat. Bei einer Vorortbesichtigung am Trockendock am Montagmorgen sprach man dann schon von rund 30000 Euro, sagt die Polizei. Der scharfgeschnittene Bug des aus Aluminium gebauten Katamarans ist auf rund eineinhalb Meter Länge fast rechtwinklig nach innen gebogen. Der bei dem Schiffscrash entstandene Schaden liegt hauptsächlich unter der Wasserlinie des Kats.

Laut Sebastian Dix, Sprecher des Stadtwerks am See und damit auch der Kat-Reederei, "sind die Kats in der Regel auf dem See rund 32 Kilometer schnell". Dix "bedauert den Unfall", redet "von Glücksfall, dass den zwei verunglückten Seglern nicht mehr passiert ist", zum Unfallhergang will er sich jedoch nicht äußern. Er habe bislang weder von Polizei noch Staatsanwaltschaft offizielle Informationen bekommen. Der Schiffsführer sei jedoch "momentan nicht auf einem Kat im Dienst", habe sich am Montag zum Betriebsarzt begeben.

Widerspruch aber in Sachen Schiffsführung: Sagt Polizeisprecher Roland Fleischer, dass der Schiffsführer alleine auf der Brücke war, geht Dix davon aus, "dass auch ein zweiter oben auf der Brücke stand". Der Schiffsführer, so Dix, sei ein "altgedienter Kapitän mit viel Erfahrung und ohne Beanstandungen".

Die Segelyacht fuhr unter Segeln. "Sie hatte gegenüber dem Kat deshalb Wegerecht", erklärt Roland Fleischer "Wegerecht" heißt, das große Schiff war gegenüber dem Segelschiff ausweichpflichtig. Das ist am Bodensee ungewöhnlich, in Sachen Katamaran ein besonderer Fall: Normalerweise hat die Personenschifffahrt gegenüber der Freizeitschifffahrt grundsätzlich Wegerecht. Deshalb tragen beispielsweise die Schiffe der "Weißen Flotte" den sogenannten "Grünen Ball". Das tun zwar auch die Kats – aber eben nur beim Ein- und Auslaufen in die Häfen in Konstanz und Friedrichshafen. Im freien Seeraum dürfen sie den grünen Ball als Zeichen für Wegerecht nicht führen. Der Unfall geschah mitten im See vor Immenstaad. Die Rechtslage scheint klar.

Wegen Vorfahrtsverletzung droht dem Kapitän nun eine Anzeige wegen Gefährdung des Schiffsverkehrs, sagt der Polizeisprecher. Kat-Kapitäne sind in der Regel alleine auf der Brücke, nach Worten von Roland Fleischer "ist die Kat-Reederei aber angehalten, bei entsprechend schlechter Witterung zu zweit zu fahren".

Die gesunkene Segelyacht liegt in 240 Meter Tiefe auf dem Seboden. Ob sie gehoben wird, entscheidet sich im im Schifffahrtsamtes des Landratsamtes Bodenseekreis. "Es sind noch keine Entscheidungen gefallen", erklärte am Montag Robert Schwarz, Sprecher des Landkreises. Die entscheidende Frage sei, ob eine Gefahr für die Umwelt oder Schifffahrt von dem Wrack ausgehe. Ziel sei es aber, das Schiff aus dem See zu holen. "Experten beraten demnach diese Woche, ob eine Bergung technisch möglich und verhältnismäßig ist." Bislang sei unbekannt, wie viel Diesel und Schmierstoffe an Bord sind. Eine Bergung ist nach Angaben der Polizei möglich, aber logistisch aufwendig und teuer.

Kat-Linie: Der erste Schiffsunfall

Als die Kat-Linie vor elf Jahren eingerichtet wurde, war das Geschrei ihrer Gegner groß. Fischer und Naturschützer befürchteten Nachteile für Fische und Vögel, Segler malten Schreckensszenarien von Unfällen durch die schnellen Schiffe an die Wand.

Bis zum Freitag freilich war die Kat-Linie unfallfrei, wie Sebastian Dix feststellt. "Kapitäne der Kats waren bei Schiffsunglücken aber Lebensretter, in dem sie Verunglückte mit an Bord nahmen." Ironie des Schicksal: "Constanze" hat auch die zwei am Freitag in den See geschleuderten Segler an Bord genommen, bevor sie ihre Fahrt nach Friedrichshafen fortgesetzt hat.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 6959