Der ehemalige Motorenkonstrukteur der MTU, Otto Reifenscheid, hat am Freitagabend mit seinem Abriss über das Wirken von Wilhelm und Karl Maybach ein mit 230 Besuchern vollbesetztes Cinema in seinen Bann gezogen. In der Auftaktveranstaltung des Maybach Freundeskreises für ein Maybach-Museum streifte Reifenscheid deren Erfindungen und würdigte das hohe Maß an Zuvorkommen und Weiterdenken, gepaart mit sozialer Verantwortung und Standhaftigkeit von Wilhelm und Karl Maybach.
"Da hab‘ sogar ich noch etwas gelernt", meinte schmunzelnd der Vorstandsvorsitzende der Rolls-Royce Power Systems AG, Ulrich Dohle, nach Reifenscheids Ausführungen. Überwältigt von der Besucherresonanz zeigte sich der zweite Vorsitzende des Maybach Freundeskreises, Siegfried Rehm. Er konnte namhafte Größen aus der Häfler Industrie begrüßen. Schon vor dem Vortrag drängten sich Besucher in der Ausstellung des Karl-Maybach-Gymnasiums. Diese könne man auch unter der Woche anschauen, sagte Schulleiter Christoph Felder. Ehe er sich als Mitglied im Freundeskreis eintrug, meinte ein ehemaliger MTU-Mitarbeiter: "Hier gehören wir hin". Studiendirektor Peter Faul stellte die zweite Auflage des historischen Wegweisers "Maybach-Weg" vor.
Reifenscheid stellte vor vollen Haus zunächst die Familien Maybach vor, wobei er Irmgard Schmid-Maybach, die Tochter von Karl Maybach, besonders erwähnte. Dann wurde es technisch: Von Maybach-Motoren in Fluggeräten (Rumpler-Flugzeugen) bis zu Diesel-Motoren in ihrer vielseitigen Anwendbarkeit reichte der Bogen, den der Motorenkonstrukteur spannte. Die Luftschiff-Gondel vom LZ 1 aus dem Jahr 1900 und den Motor von 1909, stellte Reifenscheid vor. Er erwähnte auch den MB IVa von 1916, der seine volle Leistung erst in größeren Höhen erreichte und den VL2 M-Motor, von denen fünf Stück dem LZ 127 Graf Zeppelin Vortrieb gaben.
Die Ära von Maybach-Motoren in Automobilen begann 1889 mit dem Maybach "Stahlradwagen", gefolgt vom sogenannten Victoria-Wagen unter Mitwirkung des Schramberger Uhrenunternehmers Junghans. Der Referent schilderte Probleme mit der Glührohr-Zündung, erzählte Anekdoten mit Rossbollen auf dem Weg nach Zürich und beleuchtete die Renngeschichte des Hauses von Mercedes und Maybach. Das Semmering-Rennen 1899 und das Gordon-Bennet-Rennen in Frankreich 1903 waren die Einstiege. Ab 1908 waren Maybach-Motoren mit von der Partie.
Panzer auf dem Gehrenberg
Maybach-Motoren trieben Panzer an, der erste HL120 war im Russland-Feldzug eingesetzt. Mit viel Prominenz fanden Panzererprobungen am Markdorfer Gehrenberg statt. Otto Reifenscheid berichtete von der Maybach-Gruppe in Vernon (Frankreich) 1946, zurück genommenen Demontage-Vorschriften und dem Auftrag an Karl Maybach, Motoren für französische AMX-Panzer zu entwickeln.
Maybach-Antriebe waren auch bei der Bahn und im Schiffbau gefragt. Maybach baute 1903 einen Sechszylinder-Schiffsmotor mit 300 PS für die russische Marine. Und auch Getriebesysteme nahmen Fahrt auf. Reifenscheid schilderte die Entwicklungen der Nachkriegszeit, den Weg von Maybach zu MTU bis hin zu MD-Motoren. "Karl Maybach war ein Dieselmotor-Freak", sagte Otto Reifenscheid. Vorsitzender Friedrich Beck dankte ihm anschließend mit der zweiten Auflage des Büchleins "Maybach-Weg".
Die Bigband des Karl-Maybach-Gymnasiums sorgte für die richtige Aufbruchstimmung hin zu einem Maybach-Museum und der Freundeskreis freut sich über weitere Neumitglieder und eine große Spendenbereitschaft.
Zur Mitgliederversammlung am Sonntag kamen erneut 48 Personen, wobei der Repräsentant der Familie Maybach, Wolfgang Ungerer, positive Nachrichten hinsichtlich der weiteren Entwicklung hatte.