Man will sich drei Wochen vor der Landtagswahl von Umfragen nicht verrückt machen lassen, gibt sich betont kämpferisch und vermeidet jeden Richtungsstreit. "Wir schaffen das", rief Susanne Schwaderer den 100 Mitgliedern zu, die sich am Freitagabend zum Kreisparteitag der CDU im Graf-Zeppelin-Haus versammelt hatten.
In Erwartung eines "politischen Erdbebens, wie es das Land so noch nicht erlebt hat" (Ulrich Müller), war man bemüht, Geschlossenheit zu zeigen. Einstimmig und ohne Diskussion verabschiedete die Versammlung eine Resolution zur Flüchtlingspolitik, die offenbar darauf abzielt, jenes Viertel der Anhänger bei der Stange zu halten, die sich bereits abgewendet haben. Ausgehend von "der Sorge vieler, nicht mehr wie gewohnt im eigenen Land leben zu können", stellt die Resolution klar, dass "grüne Multi-Kulti-Politik" keine Option sei. "Für jeden, der zu uns kommt muss klar sein: Bei uns gilt die deutsche Rechts- und Werteordnung."
Damit das so bleiben kann, will die CDU die Polizei stärken und mit 1500 neuen Stellen für die Zukunft fit machen. Auch der Verfassungsschutz brauche Unterstützung. Die Hürden für Ausweisung und Abschiebung sollen gesenkt und Rückführungseinrichtungen nach bayerischem Vorbild geschaffen werden, heißt es weiter. Für Asylbewerber will die CDU wieder eine Residenzpflicht einführen. Auch anerkannte Asylbewerber ohne eigenes Einkommen und eigene Wohnung sollen sich nicht frei bewegen dürfen.
"Islam passt nicht zu Deutschland"
Die Sorge, massiv Stimmen an die rechte AfD zu verlieren, ist in den Reihen der Christdemokraten riesengroß. Nicht ohne Grund: In manchen Ortsverbänden grassiert die Schwindsucht. Um bis zu 19 Prozent hat die Zahl der Mitglieder abgenommen. Im Durchschnitt verlor die CDU im Bodenseekreis seit 2013 rund 5,3 Prozent. Ende 2015 zählten die Ortsverbände 1425 Mitglieder. Diesem Trend will die Parteispitze Einhalt gebieten und sucht die Rettung eher rechts der Mitte. Die Tendenz, näher an die CSU zu rücken und das konservative Lager zu stärken, war jedenfalls unüberhörbar. Als Wortführer gaben sich die Vorstandsmitglieder Volker Mayer-Lay und Albert Zuzej. "Wir sollen und dürfen Patrioten sein", so Mayer-Lay. Von "deutscher Leitkultur", einem Islam, der "nicht zu Deutschland passt" und einer Kanzlerin, die "EU-Recht fahrlässig außer Kraft setzt", sprach Zuzej. Für ihn gehe es um "verlassen oder verändern", er wolle unbequem sein und scheue keine Diskussion. Dazu kam es am Freitagabend nicht mehr. Bezirksvorsitzender MdB Thomas Bareiß, der die Versammlung leitete, arbeitete die lange Tagesordnung zügig ab. Dem Bundestagsabgeordneten Lothar Riebsamen ging die Kritik an der Kanzlerin und der Flüchtlingspolitik der Koalition dann doch zu weit. Die Strategie, die Zahl der Flüchtlinge deutlich und nachhaltig zu reduzieren, indem man Fluchtursachen bekämpfe, sei richtig. Und weil das ein Land allein nicht leisten könne, komme man um eine europäische Lösung nicht herum. Allerdings räumte auch Riebsamen ein: Wenn es in 14 Tagen keinen Durchbruch gebe, werde man auch die deutschen Grenzen mehr schützen müssen.
Müller warnt Rechtswähler
Für den scheidenden Landtagsabgeordneten Ulrich Müller ist die Lage dramatisch. Die politische Landkarte werde am 14. März anders aussehen, so Müller. Die CDU habe innerhalb eines Jahres ein Viertel der Anhängerschaft verloren, die SPD ebenso. Obwohl sich die grün-rote Landesregierung nach Kräften bemüht habe, das Land zu ruinieren, sei es ihr in den fünf Jahren nicht gelungen. Nicht ohne Grund versteckten sich die Grünen im Wahlkampf hinter bürgerlichen Begriffen. Substanziell hätten sie nichts zu bieten.
"Ein Wechsel ist möglich, ein Wechsel ist nötig", sagte Müller, der gleichzeitig warnte: "Wer rechts wählt, kriegt eine linke Regierung". Er ist jedoch überzeugt: Die CDU bleibe stärkste Kraft und werde den Ministerpräsidenten stellen. Stehende Ovationen für Müller, der die letzten 24 Jahre den Wahlkreis in Stuttgart vertrat.
So haben die 100 anwesenden Mitglieder gewählt (in Klammer Stimmenanteil in Prozent):
Vorsitzender Lothar Fritz (96,9 Prozent) Überlingen.
Stellvertretende Vorsitzende Volker Mayer-Lay (91,7) Überlingen, Martina Mohr (87,5) Immenstaad und Albert Zuzej (82,3) Owingen.
Schatzmeisterin Susanne Schwaderer (90,9) Markdorf.
Schriftführer Jean-Christophe Thieke (93,9) Uhldingen-Mühlhofen.
Pressesprecherin Carola Uhl (96) Bermatingen.
Internetreferent Oliver Nies (97,7) Überlingen.
Beisitzer Beate Künze (88) Friedrichshafen, Jasmin Seitz (83) Meckenbeuren, Angela Stofner (83) Meckenbeuren, Daniel Funke (73) Tettnang, Gabriele Bentele (71) Deggenhausertal, Jürgen Pohl (67) Neukirch, Bernhard Vesenmayer (67) Eriskirch, Gudrun Sauter (65) Owingen, Stanley Smolka (64) Friedrichshafen, Winfried Jerg (59) Heiligenberg, Markus Schraff (57) Oberteuringen und Birgit Krönig (50) Salem.
Kassenprüfer Dieter Jerg, Salem, und Yvonne Link, Ailingen.