Mehr als 300 Bürger, Politiker und Flüchtlinge haben am Dienstag mit einem Bürgerfest gegen eine Wahlveranstaltung der AfD in Friedrichshafen protestiert. Frauke Petry, Bundesvorsitzende der rechtspopulistischen Partei, sprach zeitgleich im Graf-Zeppelin-Haus vor gut 400 Menschen über ihre Politik.
Mit einem Musik- und Tanz-Programm sowie deutschen und internationalen Spezialitäten gelang es der Bürgerfest-Initiative aus ZU-Studenten und dem Häfler Bündnis "für Toleranz und Demokratie – gegen Extremismus und Gewalt" trotz der Kälte, mehr als 300 Menschen im Lammgarten zu versammeln. In Sichtweite des GZH wurde dort bis in die Nacht hinein gefeiert.
"Wir wollen als Friedrichshafener ein Zeichen setzen, dass wir eine weltoffene Stadt sind", sagte Luca Messerschmidt, einer der Veranstalter. Unter den Teilnehmern des Fests waren auch prominente Politiker aus Regional- und Bundespolitik, darunter die Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter, Vorsitzender der grünen Bundestagsfraktion, und Annette Groth (Die Linke) sowie mehrere Landtagskandidaten.
Während draußen die kulturelle Vielfalt gefeiert wurde, ging es drinnen im Ludwig-Dürr-Saal des GZH um Politik. 420 Zuhörer fasste der Veranstaltungsraum, in dem erst AfD-Landtagskandidatin Alice Weidel und im Anschluss AfD-Chefin Frauke Petry sprachen, beide von der Mehrzahl der Zuhörer heftig beklatscht. Während sich Petry eher gemäßigt gab, war vor allem Landtagskandidatin Weidel im Angriffsmodus. Sie nannte die Flüchtlingspolitik der Regierung "naive und rein gesinnungsethische Willkommenskultur" und sagte angesichts der Ereignisse in der Silvesternacht "Köln ist überall". Kritiker der AfD bezeichnete sie als "Verleumder aus Regierung, Parteien und Teilen der Medien". Mit Blick auf den Wahltag am 13. März stellte sie fest, wer heute noch Grüne, SPD, CDU oder FDP wähle, müsse "den Verstand verloren haben". Weidel warb unter anderem für mehr Bürgerentscheide, mehr Polizei, Steuersenkungen und Stärkung des Mittelstands.
"Machen Sie sich unbeliebt"
Frauke Petry sagte, dass die AfD einen Beitrag dazu leisten wolle, die Debattenkultur in Deutschland zu beleben. Allein ihre Partei, deren "Waffe" die "klare Sprache" sei, habe den Mut, anzusprechen, dass Migration alle Politikbereiche berühre. Sie forderte "gesunden Patriotismus", den Ausstieg aus dem Euro und ein "Europa der Vaterländer". Ihre Partei sei – anders als von Gegnern behauptet – sehr wohl für die Gleichberechtigung der Frau, aber gegen Gleichstellung.
Wegen des Andrangs von Sympathisanten und Teilnehmern der Gegenveranstaltung, von denen viele ebenfalls Petrys Auftritt verfolgen wollten, mussten viele vor dem GZH ausharren. Drinnen saßen vor allem Anhänger der AfD. Nicht alle wollten mit der Presse reden, einige bekannten, früher CDU gewählt zu haben, aber mit der aktuellen Politik der Kanzlerin unzufrieden zu sein.
Mit im Saal war auch Fabian Zitzmann von der liberalen Hochschulgruppe der ZU. Es sei ein Wunsch vieler Teilnehmer der Gegenveranstaltung gewesen, mit AfD-Anhängern ins Gespräch zu kommen. "Wirklicher Dialog ist allerdings sehr schwer erreichbar", sagte Zitzmann später.
Trotz des Konfliktpotentials verlief der Abend friedlich. Die Polizei war lauf Pressesprecher Markus Sauter mit rund 90 Beamten im GZH, vor dem Gebäude und am Bürgerfest im Einsatz – ohne nennenswerte Zwischenfälle. Auch eine Gruppe von rund 30 Demonstranten, die unabhängig vom Bürgerfest mit Plakaten und Sprechchören gegen die AfD protestierte, blieb schließlich friedlich hinter einer Absperrung am GZH zurück.