Nach fehlgeschlagenen Verhandlungen muss das Jugendamt Bodenseekreis ab August die Ausbildung von Tagesmüttern in der Region übernehmen. Nach Angaben von Landratsamt und dem Tagesmütternetz Bodensee, das die Aufgabe jahrelang übernommen hatte, scheiterte die weitere Zusammenarbeit nun wegen eines einzigen Punkts: der Frage nach passenden Schulungsräumen.
"Wir haben über ein Jahr lang ziemlich harte Verhandlungen geführt und konnten keinen Konsens finden", sagte Susann Struppek, Vorsitzende im Tagesmütternetz Bodensee, am Montag im SZ-Gespräch zum Hintergrund der Entwicklung. Seit Januar 2010 war der ehrenamtliche Verein im Kreis mit der Ausbildung von Tagesmüttern und -vätern betraut, die für Kinder eine alternative Betreuung zu Krippen und Kitas anbieten.
Ärger um Räume
In dieser Zeit hat das Tagesmütternetz unter anderem ein Gütesiegel als Bildungsträger erhalten und die Ausbildung immer wieder an aktuelle Vorgaben angepasst. Zuletzt übernahm eine Sozialpädagogin im Auftrag des Netzwerks die Ausbildung und Koordination der Aufgabe. Der Bodenseekreis bezahlte die Personal- und Sachkosten in Höhe von 55 000 Euro im Jahr.
Zum Jahresbeginn gab das Tagesmütternetz aber dem Kreis bekannt, sich von dem Angebot zurückzuziehen. Offenbar konnte man sich hinter den Kulissen nicht darauf einigen, dem Tagesmütternetz feste eigene Räume - faktisch ein Büro und einen Schulungsraum - bereitzustellen, in denen die Ausbildung künftig erfolgen kann. "Es ist einfach zu aufwendig, ständig die Räume zu wechseln", erklärt Struppek die Situation. Man sei unter anderem im "Treff 22" oder im Familientreff "Insel" zu Gast gewesen, habe Räume wechselweise nutzen müssen.
Flipchart transportiert
Richtig glücklich war der Verein damit offensichtlich nicht: Nicht nur sei die eine oder andere Unterrichtsstunde wegen anderweitig belegter Zimmer ausgefallen, berichtet Struppek. Auch habe die Pädagogin ständig Flipchart und Unterrichtsmaterial hin und her transportieren müssen. "Unter diesen Bedingungen können wir es nicht weiterführen und haben die Aufgabe an das Jugendamt zurückübertragen", schließt Struppek.
Das Angebot des Bodenseekreises, eigene Räume des Kreises im Bildungszentrum Markdorf zu nutzen, hat das Netzwerk laut Unterlagen des Jugendhilfeausschusses im Kreis zuletzt allerdings auch abgelehnt. Struppek: "Es gab einfach qualitative Rahmenbedingungen, die wir gewahrt haben wollten." Der Kreis sieht das anders: "Wir haben als Schulträger eigene Räume, die für Unterrichtszwecke gemacht sind. Da wäre es unsinnig, für viel Geld etwas anzumieten", so Kreissprecher Robert Schwarz.
Frage der Kosten
Jetzt muss der Bodenseekreis mit dem Ergebnis der gescheiterten Verhandlungen leben und die Aufgabe des Netzwerks vorerst selbst in die Hand nehmen. Wenn Jugendhilfe- und Kreissozialausschuss zustimmen, wird demnächst die Volkshochschule Bodenseekreis die Ausbildung der Tagesmütter übernehmen – möglicherweise sogar mit derselben Pädagogin, die bisher für das Tagesmutternetz gearbeitet hat.
"Ja, es wird einen bruchlosen Übergang geben", sagte Kreissprecher Schwarz dazu. Arbeiten soll die künftige Ausbilderin allerdings im Bildungszentrum Markdorf – also jenen Räumen, die das Tagesmütternetz zuletzt abgelehnt hatte.
Selbst wenn die Übergabe der Ausbildung an das Jugendamt dann klappt, stellt sich noch die Frage der Kosten. Kann das Amt die Koordination und Ausbildung von Tagesmüttern so effizient übernehmen, wie sechs Jahre das ehrenamtliche Netzwerk? Schwarz: "Wir rechnen nicht mit Mehrkosten."