Große Einigkeit in den Ausschüssen, lebhafter Streit im Gemeinderat: Die Hängebrücke über die Millionenschlucht ist am Montagabend heftig ins Wanken geraten. Letztlich stimmte eine Mehrheit der Räte aber gegen eine Vertagung des 2,2-Millionen-Euro-Projekts. Im Frühjahr können die Bagger anrollen.
Nachdem die Brücke über die Eckenerstraße, die Metz- und Sedanstraße für Radler und Fußgänger verbinden wird, in zwei Ausschüssen des Gemeinderats große Mehrheiten fand, schien der endgültige Ratsbeschluss am Montag reine Formsache. Pustekuchen! Weil das städtebauliche Vorzeigeprojekt vielen Häfler zu groß und zu teuer erscheint, kamen viele Räte offenbar ins Grübeln. Ergebnis der Überlegungen: Hannes Weber von den Freien Wählern und die SPD beantragten eine Vertagung der Brückenentscheidung. Folge: eine fast zweistündige Debatte über das Für und Wider des Projekts.
Am Ende der Diskussion sprachen sich 21 Gemeinderäte gegen eine Vertagung aus, darunter die komplette CDU-Fraktion, die meisten Grünen, Teile der Freien Wähler und die FDP. Für die Vertagung war die Mehrzahl der Sozialdemokraten, die ÖDP und der andere Teil der Freien Wähler. Diese 15 Stimmen und zwei Enthaltungen reichten nicht aus, um den Brückenbau zu verschieben.
"Kein Prunkschloss"
Zuvor hatte Baubürgermeister Stefan Köhler, der die Sitzung in Vertretung von Oberbürgermeister Andreas Brand leitete, für das Projekt geworben. Seiner Ansicht nach wertet die Brücke die Millionenschlucht städtebaulich auf und verbessert die Radverkehrsverbindung von Ost nach West wie von Nord nach Süd. Man plane "kein Prunkschloss", sondern einen "anständigen Entwurf", der 100 oder 150 Jahre Bestand haben werde. Heinz Tautkus (SPD) erinnerte daran, dass die Brücke Teil der vom Rat abgesegneten Planung für das Quartier Metzstraße war, in das der Investor viel Geld gesteckt habe.
Für die CDU-Fraktion nannte Norbert Fröhlich die Brücke "architektonischen Hingucker" und "enorme Aufwertung". Ziel sei es, die Zahl der Autos in der Innenstadt zu verringern. Um das zu erreichen, müsse man nun in Vorleistung treten und den Bau beschließen, auch wenn es noch kein fertiges Radverkehrskonzept für die Innenstadt gebe.
Hannes Weber (Freie Wähler) sagte, die Brücke sei "in der Stadt noch nicht angekommen". Er sei nicht gegen die Idee, ihm erschienen aber die Kosten zu hoch und der Zeitpunkt verfrüht.
Für die SPD schlug Karl Heinz Mommertz vor, die Entscheidung erst zu fällen, wenn der Prozess der Integrierten Stadtentwicklung (ISEK) und die Planung zur Verkehrsentwicklung abgeschlossen sind. So fehle zum Bespiel ein Radkonzept für den Bahnhofsvorplatz.
Anders Gerhard Leiprecht (Grüne): Wer mehr Radler und weniger Autos wolle, müsse in den Radverkehr investieren. Auch Zweiradfahrer wollten "so schnell wie möglich, so nah wie möglich, so sicher wie möglich" in die Innenstadt fahren.
Sylvia Hiß-Petrowitz (ÖDP) argumentierte, dass man doch im Zuge von ISEK die Bürger einbinden wolle. Genau das passiere nun aber nicht. Gaby Lamparsky von der FDP forderte, nach dem Bau der Brücke auch ans Umfeld zu denken. Das Weißeln der Wände in der Millionenschlucht sei "das Mindeste".
So sieht die Brücke aus
Bauweise: Schrägseil-Hägebrücke mit Pylon
Pylonenhöhe: 19 Meter
Länge: 36 Meter
Breite: 3,50 Meter
Gläserne Brüstung: 1,32 Meter
Kosten: 2,2 Millionen Euro
Baubeginn: Frühjahr 2017