Morgens aus dem sauber duftenden Schlafsack krabbeln und sich dann erst einmal vor dem Zelt einen frisch gemahlenen Kaffee gönnen. Für die meisten wohl eine konträre Vorstellung zu einem Camping-Urlaub. Doch zu diesem luxuriös anmutenden Camping geht der Trend. Bei einem Rundgang über die Fachmesse "Outdoor" in Friedrichshafen finden sich so einige Skurrilitäten. "Vom Cocktailmixer bis zur Kaffeemühle oder einem Strohhalm, mit dem man direkt aus der Pfütze trinken kann – Camping wird immer komfortabler", sagt Outdoor-Experte Rolf Stefan Beppler.
Aber auch der Anspruch an die Funktionalität der Materialien – und der Kleidung – steigt. Doch die steht schon längst nicht mehr im Vordergrund. Die Klamotten müssen auch chick sein. Erst eine Safari und danach ein Abendessen in einem Restaurant am Strand. Beides soll mit der gleichen Garderobe gehen, heißt es am Stand des britischen Herstellers für Outdoor-Kleidung Craghoppers. Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, dass es sich bei Pullovern, T-Shirts oder Kleidern um Funktionskleidung handelt: modische Ringelshirts, bodenlange Sommerkleider oder fein gestrickte Pullover. Doch alle Stücke sind insektenundurchlässig, lassen keine Sonne durch oder wiegen sehr wenig. Der Trend zur modischen Outdoor-Bekleidung zeigt sich überall auf der Messe. "Auch die Farben werden immer gedeckter", sagt Beppler. Dominierten vor einigen Jahren noch Neonfarben, sind die Töne nun gedeckt, erdig und etwa die gleichen wie in Modegeschäften für Alltagskleidung.
Zielgruppe Städter
Offenbar wollen die Firmen nicht mehr nur Kunden ansprechen, die einen Trip in die Wildnis planen, sondern auch Städter. Das kanadische Outdoor-Unternehmen Arc’teryx bietet einen Blazer aus Hardshell an, der einen umfassenden Wetterschutz bieten soll – zum Beispiel für Frauen, die mit dem Rad unterwegs zur Arbeit sind. Die Hersteller arbeiten aber auch weiter an der Funktionalität, denn die steht immer noch im Vordergrund. So wird auf der Messe eine Hose vorgestellt, die "made to move" (deutsch: zum Bewegen gemacht) ist. Sie soll sich den natürlichen Bewegungen anpassen. Der schwedische Hersteller für Sportbekleidung Houdini hat beim Designen eng zusammen mit Textilstudenten gearbeitet. Das Ergebnis: Das Beinkleid besteht nicht aus zusammengenähtem Vorder- und Hinterteil: Das Material geht einmal um den Körper herum, die Naht befindet sich hinten, senkrecht in der Mitte des Gesäßes.
Schuhe, die 300 Gramm wiegen
Auch Schuhe mit unterschiedlichen Funktionen und in verschiedenen Designs gibt es en masse auf der Messe. Ein Schwimmschuh von Aqurun, der in jede Strandtasche passt, weil er sehr biegsam ist, oder ein Schuh von Keen, der sich an jeden Fuß anpassen soll, weil er am Oberfuß aus zwei Schnüren besteht. Der Wanderschuhmarkt sei hingegen sehr gesättigt, so Beppler. Aber auch hier wird weiter an der Funktionalität gearbeitet. "Schuhe für’s Trailrunning werden immer leichter", erklärt Beppler. "Es gibt mittlerweile Innovationen, die nur um die 300 Gramm wiegen."
Beutel und Taschen ohne Ende
Für die Wanderer auch ein Vorteil, wenn sie ihre Schuhe in ihre ebenfalls sehr leichten Rucksäcken verstauen müssen. Denn das Paar Wechselschuhe baumelt längst nicht mehr an den Schnürsenkeln festgebunden am Wanderrucksack. Für die Outdoorler gibt es mittlerweile Beutel, aus denen kein Geruch dringt, wenn ein schwitziges Paar Schuhe darin eingepackt ist. Überhaupt gibt es Abertausende Taschen und Beutel, die wieder in Taschen gepackt werden können, damit darin mehr Ordnung herrscht. In diesem Jahr wird auf der "Outdoor" auch ein Novum für die Camping-Dame präsentiert: Ein Packsystem, das sich besonders für BH oder Gürtel eignet von der irischen Firma Eagle Creek. Noch ist die Damenwelt uneins über den Sinn der vielen kleinen Täschchen, verrät Jochen Hoffmann von "Eagle Creek". "Die einen wissen sofort, was sie reinpacken würden, die anderen schütteln nur den Kopf", sagt er. In den kommenden Monaten solle sich auch zeigen, wie das Design ankomme. Denn auch das sei wichtig. Nicht nur beim Campen und bei der Kleidung wird es bequemer, auch beim Transport von Sportgeräten. Das Kanu des belgischen Herstellers Onak lässt sich in einen Koffer zusammenfalten und so leicht transportieren. Die Belgier wollen mit dem faltbaren Kanu auch Städter ansprechen, die zum Sporttreiben, nicht unbedingt weit aufs Land fahren wollen. Für Beppler ein weiterer Trend, der sich in diesem Jahr auf der Messe zeigt. "Urban-Outdoor wird ganz groß 2017", sagt er. "Die Firmen wollen in unterschiedlichen Segmenten wie Klettern, Laufen, Fahrradfahren und Wassersport ein breiteres Publikum bedienen."
Ein Hersteller ist dabei besonders fortschrittlich: Sensosports bietet ein Surfbrett an, für dessen Benutzung nicht mal die Wohnung verlassen werden muss. Das Holzbrett ist ein Trainingsapparat, auf dem unter anderem Stand-up-Paddling trainiert werden kann. Bei der Sportart steht man auf dem Brett und bewegt sich durch Paddeln fort.
Den Schlafsack, der noch nach Tagen frisch duften soll, gibt es wirklich. Er gehört ebenfalls zu den Neuheiten, die auf der Messe präsentiert werden, und besteht aus dem Material Anti-Odour, das bis zu 99 Prozent der geruchsbildenden Bakterien reduzieren soll. Das Material wird von einer Firma verwendet, die Staubsaugerbeutel herstellt. Sie empfehlen die Beutel Haustierbesitzern, in deren Staubsaugerbeuteln sich schnell unangenehme Gerüche entwickeln. Noch sind die Schlafsäcke des amerikanischen Herstellers Coleman nicht auf dem Markt, nächstes Jahr soll es so weit sein.