Der führende Kopf eines Häfler Drogenrings muss für fünf Jahre und acht Monate ins Gefängnis. Das Landgericht sah es als erwiesen an, dass der 24-Jährige Asylbewerber zwischen November 2014 und Juli 2015 in großem Stil mit Marihuana gehandelt hat.
War der 24-Jährige ein großer Dealer? Oder war er nur ein kleiner Konsument? Für die zweite Kammer des Landgerichts Ravensburg bestand in dieser Frage nach drei Verhandlungstagen kein Zweifel. "Nach der Beweisaufnahme war klar, dass der Angeklagte geschäftsmäßig und organisiert mit Marihuana gehandelt hat", sagte Richter Stefan Maier, während der 24-Jährige die Hände vor dem Gesicht zusammenschlug. Geschäftsmäßig und organisiert heißt in diesem Fall: Ein- und Verkauf von Portionen zwischen 100 und 250 Gramm, wobei das Gericht die Mengenangabe jeweils zu Gunsten des Angeklagten schätzte. Während der Verhandlung war auch immer mal wieder die Rede von handball- oder fußballgroßen Klumpen gepressten Marihuanas, die den Besitzer gewechselt haben sollen. Den Stoff, den er offenbar aus Weingarten, Freudenstadt und Karlsruhe bezogen hatte, verkaufte der 24-Jährige nach Ansicht des Gerichts an Kleindealer weiter – unter anderem an einen Asylbewerber, der vor zwei Wochen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt wurde. Teilweise soll er das Marihuana in "Baggys" – also in Ein- oder Zwei-Gramm-Tütchen – auch selbst an die kiffende Kundschaft vertickt haben. Kleinere Mengen Drogen sowie Bargeld hatte die Polizei bei einer Durchsuchung seiner Unterkunft sichergestellt.
Auch am dritten Verhandlungstag wollte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen äußern. Nur einmal entfuhr ihm die Bemerkung, dass es seine Ex-Freundin gewesen sei, die ihm diese Drogengeschichte anhängen wolle. Sie hatte der Polizei von den Drogengeschäften berichtet – pikanterweise wenige Tage, nachdem sie den 24-Jährigen mit einem anderen Mädchen inflagranti erwischt und Schluss gemacht hatte.
Stimmiges Gesamtbild
Ihre Aussage, aber letztlich auch die Aussagen von anderen Zeugen – darunter Kunden, Geschäftspartner oder Mitbewohner – ergaben für das Gericht ein stimmiges Gesamtbild, wie Maier erläuterte. Ein übermäßiger Belastungseifer sei nicht zu erkennen gewesen – auch nicht bei jenen, die dem Angeklagten möglicherweise nicht mehr wohlgesonnen sein könnten. In seiner Urteilsbegründung machte Richter Stefan Maier dem 24-Jährigen auch klar, dass das Urteil deutlich geringer hätte ausfallen können. Bei Drogenvergehen gebe es nämlich zwei strafmildernde Umstände: Geständnis und Aufklärungshilfe. "Von beiden aber keine Spur", sagte Maier.
Mit fünf Jahren und acht Monaten Gefängnis blieb das Landgericht knapp unter dem Antrag von Oberstaatsanwalt Matthias Inselsberger, der sechs Jahre gefordert hatte. Verteidiger Norbert Kopfsguter hatte Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen geäußert und versucht, seinen Mandanten als Konsumenten darzustellen.