Quantcast
Channel: Stadt Friedrichshafen SeniorenApp Region
Viewing all articles
Browse latest Browse all 6959

Pilot überlebt Abschuss über dem See

$
0
0

Für viele Häfler war seinesgleichen ein Alptraum, in Australien galt er bis zuletzt als Held: Robert Graham Peter, ein Bomberpilot aus dem Zweiten Weltkrieg, eingesetzt im Bombenkrieg über Friedrichshafen.

Wie sehr Geschichten aus dem Krieg von zwei Seiten gesehen werden können, beweist die Lebensgeschichte des Mannes, der jetzt im Alter von 98 Jahren am anderen Ende der Welt gestorben ist. Ein Nachruf.

Es ist eine schwarze Nacht über dem Bodensee, als Robert Graham Peter, eigentlich nur durch die Ausstiegsluke seines viermotorigen Bombers vom Typ Avro Lancaster steigen müsste, um sein eigenes Leben zu retten. Der Fallschirm ist griffbereit, seine Maschine schwer getroffen, Tod oder Leben die Frage einer simplen Entscheidung. Der Bomberpilot aus dem australischen Geraldton im Dienst der alliierten Kriegsparteien nimmt den einfachen Weg durch die Luke allerdings nicht.

Es gibt keinen Zweifel, dass wohl viele Häfler dem Australier in diesem Moment, irgendwann in den Jahren 1943 oder 1944 den Tod wünschen würden. Peters Auftrag sollte nämlich Tod und Zerstörung bringen: Ein Luftangriff auf Friedrichshafen, wichtiges Zentrum der deutschen Kriegsindustrie. Während am Boden kein Licht brennt, um den Angreifern nicht auch noch den Weg zu weisen, versucht der Australier seine Bombenfracht über Friedrichshafen abzuladen. Ob es gelingt oder nicht lässt heute derzeit nicht mehr rekonstruieren. Sicher ist nur: Vor oder nach seinem Angriff wird Peters Bomber wahrscheinlich vom deutschen Abwehrfeuer getroffen. Instrumente und Beleuchtung fallen aus. Im Flugzeug ist es jetzt so finster wie drumherum. Vier Crewmitglieder ohne Fallschirm warten ab diesem Moment nur noch auf den sicheren Tod.

Bildung statt Krieg

Er sollte die vier und auch Peter, Rufname "Bob", allerdings erst viel später ereilen. Ein Sprung ins Jahr 1969. Der Krieg ist vorbei, der ehemalige Bomberpilot Peter ist soeben Rektor des "Teachers College" in Mount Lawley, Westaustralien, geworden. Statt Krieg gegen Nazis und die deutsche Zivilbevölkerung führt er jetzt ein Leben im Dienst der Bildung.

"Bob revolutionierte den Ansatz Westaustralien in der Lehrerausbildung", heißt es in einem jüngst erschienen Nachruf des Zeitung "The West Australien" auf den Mann, dessen Schicksal einst über dem Bodensee entschieden wurde. Peter führte Zentren für Naturwissenschaften und Mathematik an australischen Colleges ein. Und was Deutsche noch heute als Arbeitsblätter, Kurztests oder Diskussionsgruppen kennen, ersetzte am anderen Ende der Welt dank Peter langsam veraltete Lehr- und Prüfungsmethoden in den Schulen.

Später setzte sich der einstige Pilot für die Einführung von Workshops und Videounterricht an Schulen ein und förderte die Integration von Behinderten, Migranten oder der in Australien lange Zeit diskriminierten Urbevölkerung der Aborigines.

Sein College wird zur Uni

Dann nahm seine Karriere als Bildungsvisionär eine neue Wende: Peter verwandelte sein College noch in eine Akademie der darstellenden Künste an dem Studenten Abschlüsse als Musiklehrer oder im Tanz machen konnten, ehe er sich zur Ruhe setzte. Längst ist das einstige College Peters eine Universität.

Im Dezember ist Peter im Alter von 98 Jahren, gut 70 Jahre nach seinem Einsatz über dem Bodensee, im westaustralischen Wembley gestorben. Doch wie ging die Nacht über dem Bodensee aus?

Mit ausgefallenen Instrumenten und ohne steuert Peter die Lancaster durch die Nacht. "Wir wussten nicht, in welchem Dilemma er sich befand, als er das schwer beschädigte Flugzeug in völliger Dunkelheit unterhalb der Höhe der umliegenden Berge steuern musste", berichtet später Funker Murray Bartle, damals 22 Jahre alt. Trotzdem schafft es Peter, die Maschine "mit einer Verzögerung, kaum größer als bei einer Straßenbahn beim Bremsen" notzuwassern. Alle an Bord überleben. Nicht bekannt ist allerdings, wie und wann die Crew das damals feindliche Deutschland wieder verlassen konnte.

Später erhält "Bob Peter" für diese Tat die Medaille "Distinguished Flying Cross" und, kurz vor seinem Tod, eine Auszeichnung der französischen Ehrenlegion.

Auf die Geschichte von Robert Graham Peter wurde die Schwäbische Zeitung durch einen Brief eines deutschen Ehepaars aufmerksam, das heute in Westaustralien lebt. Der Sohn von Ina und Walter Schnepple arbeitet heute übrigens bei Airbus in Immenstaad.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 6959