Politisches Theater hat es bei den Theatertagen am See gleich mehrmals geben. Hatte man den Eindruck, dass es in den vergangenen Jahren still im politischen Genre geworden ist, haben sich "Die Wölfinnen" mit ihrem Stück "LAUT!Wolf.Puppe.Meerjungfrau" auf eindringliche und auch humorvolle Weise der Probleme der Ersten Welt angenommen. Ein Stück, das polarisiert. Genau dafür ist Theater da.
Drei junge Frauen betreten die Bühne, tanzend und monologisierend. Jede hat ihren eigenen ausdrucksstarken Part und schnell wird deutlich, wer von den dreien die Figur des Wolfes, der Puppe und die der Meerjungfrau verkörpert. Das gesellschaftliche Leben haben sie in Papiertüten mitgebracht. Tüten, die wie ein Synonym für Schubladen stehen, in denen gedacht und gestopft wird. Sie stellen die Wegwerf-Gesellschaft an den Pranger, rühmen sarkastisch die Freiheit der mündigen Bürger, die sich eigene Fesseln schafft – "Oh, so viele Handy-Tarifangebote und du hast dir deinen ganz alleine ausgesucht?" – und bauen Fakten ein, etwa das Wahlrecht für Frauen im Kanton Appenzell, das nur 20 Jahre gebraucht habe, bis es nach Einführung in der Schweiz auch in diesem Kanton zugelassen wurde. "Das war 1991", sagt der Wolf, alias Nina Laukenmann, die kämpferisch und zynisch daherkommt.
Eindrucksvolle Monologe
Im Gegensatz zur verträumten Meerjungfrau, Fanny Beuschel, auf der Suche nach Selbstbewusstsein und der Puppe, Yvonne Ehrensberger, die sich dem gesellschaftlichen Bild beugt – oder doch nicht? Mit eindrucksvollen Monologen halten die Darstellerinnen der Gesellschaft einen Spiegel vor. Sie treten niemals in den Dialog miteinander, jede lebt neben der anderen. Im rasanten Wechsel erfährt der Zuschauer ihre Gedanken, lernt ihr Selbstbild kennen und wird mit Fremdbildern konfrontiert. Das intensive Spiel der Laiendarstellerin hat die Zuschauer mitgerissen. Bravo- Rufe und langanhaltender Applaus zeigten, dass die Wölfinnen den Finger in die richtigen gesellschaftlichen Luxus-Wunden gelegt haben. Die einen sind begeistert, "aber wir haben auch schon ganz andere Rückmeldungen bekommen", sagt Regisseurin Kira van Eijsden. Eines haben die Wölfinnen in jedem Fall erreicht, gleich, ob es gefällt oder nicht: Die Menschen sprechen darüber. Mehr Lob kann es nicht geben.