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" Die Kirche heute ist eine Männerkirche"

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Erwin Teufel, langjähriger Ministerpräsident von Baden-Württemberg und 25 Jahre Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken, hat am Sonntagabend in der Kirche St. Columban über die Gegenwart und Zukunft der katholischen Kirche gesprochen. Teufel erklärte, "Warum es sich trotzdem lohnt" – so der Titel des Vortrags. Eingeladen hatte die Gemeinde St. Columban, die dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert.

Die teilweise dramatischen Rückgänge der Mitgliederzahlen in den vergangenen Jahren und die wenigen neuen Berufungen zu Priestern sind aus der Sicht Teufels besorgniserregend. Immer größere Seelsorgeeinheiten könnten nicht die Lösung sein. Vielmehr gehe es darum, die Zeichen der Zeit zu erkennen und Antworten zu finden. Ein wichtiges Thema sei das Pflichtzölibat. Dieses aufzuheben könne einen Beitrag leisten, dass mehr Menschen den Beruf des Priesters ergreifen. Bereits heute gebe es verheiratete Priester, beispielsweise bei Religionsübertritten. "Wenn sich die Kirche nicht besinnt, ist es möglich, dass die Zahlen noch weiter zurückgehen", warnte Erwin Teufel.

Ein Mensch, der sich sorgt

Ausdrücklich betonte er, nicht als Kirchenkritiker von außen zu sprechen, sondern als Mensch, der sich Sorgen macht über die Entwicklung der Kirche. Der ehemalige Ministerpräsident tritt außerdem ein für ein Diakonat für Frauen. "Die Kirche heute ist eine Männerkirche. Wenn wir dieses Problem nicht lösen, verlieren wir nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder", gab er zu bedenken. Es sei allerhöchste Zeit, Frauen die gleichen Rechte zuzubilligen wie Männern, denn die Menschenrechte kämen aus der Hand Gottes.

Zusätzlich leide die katholische Kirche an ihrem Zentralismus, der die wichtigsten Aufgaben in Rom bündelt. Teufel verwies auf die Bedeutung der Gemeinde, die zusammen mit den Menschen das wichtigste sei. "Wir müssen von unten nach oben denken, nicht umgekehrt. Als ehemaliger Ministerpräsident weiß ich außerdem, wie wichtig es ist über die wesentlichen Angelegenheiten in meinem Bereich informiert zu sein." Er empfiehlt, das Kabinetts-prinzip der Politik auch auf die Kirche anzuwenden und die Kardinäle analog Ministern öfter einzuberufen um über anstehende Probleme zu sprechen.

Er bedauerte, dass beispielsweise Beschlüsse der Würzburger Synode nicht einmal beantwortet würden, geschweige denn umgesetzt. Teufel appellierte an die Kirche, demokratischer zu werden und verwies in diesem Zusammenhang auf die Papstwahl, die vorbildlich sei. Auch bei der Ernennung zum Bischof könne es demokratischer zugehen. "Auf Wünsche und Vorstellungen einzugehen stärkt die Kirche vor Ort", betonte er.

Er äußerte die Hoffnung, dass es der Kirche gelingen möge, sich auf Veränderungen einzustellen, dies sei auch in der Vergangenheit gelungen. Pfarrer Markus Hirrlinger bedankte sich bei Erwin Teufel für den anregenden Vortrag und gab dem Publikum noch Gelegenheit, Fragen an den ehemaligen Ministerpräsidenten zu stellen.


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