Trotz des Verlusts seiner wichtigsten Airline VLM durch Insolvenz sieht der Flughafen Friedrichshafen derzeit keinen akuten Bedarf an Finanzhilfen, um das laufende Jahr zu überstehen. Dennoch erntet der Betrieb gegenwärtig viel Zuspruch aus der Politik – bis auf eine Ausnahme.
Schon nach der Pleite von Intersky 2015 hat der Flughafen Friedrichshafen mit einem schweren Jahr 2016 gerechnet und dafür finanzielle Puffer gebildet. Das wenige Monate lange Zwischenspiel mit der am Mittwoch in den Konkurs gegangenen VLM scheint deshalb nicht sofort an der Überlebensfähigkeit des Betriebs zu rütteln: "Es entsteht unmittelbar kein zusätzlicher kurz- beziehungsweise mittelfristiger Finanzbedarf", sagte Flughafensprecher Andreas Humer-Hager am Donnerstag zur Schwäbischen Zeitung. Offen scheint allerdings, wie lange der Flughafen alleine und ohne Ersatz für VLM weitermachen kann.
"Das kommt darauf an, wie schnell sich Alternativen für den Ausfall finden lassen", so Humer-Hager weiter. Deshalb wird wohl versucht, Einsparungen vorzunehmen. Unter anderem will der Flughafen Personal flexibler einsetzen und Kosten "auf das betriebsnotwendige Minimum" senken. Immerhin muss der Flughafen akut wohl nicht um größere offene Rechnungen bei VLM bangen: 141000 Euro Schulden der Airline beim Flughafen sind demnach durch eine Bankbürgschaft gedeckt.
Auch wenn der Bodensee-Airport also zunächst ohne weitere staatliche Gelder weitermachen kann, haben Behörden bereits mit der Krise auseinandergesetzt. Das Verkehrsministerium in Stuttgart geht aktuell davon aus, dass der Bestand des Flughafens nicht grundsätzlich gefährdet sei. Deshalb müsse derzeit auch nicht über weitere Gesellschafterdarlehen gesprochen werden. Ähnlich äußerten sich Sprecher des Bodenseekreises und der Stadt Friedrichshafen.
Grundsätzlich sieht das Ministerium solche Hilfen in Zukunft aber kritisch. Wegen restriktiver Vorgaben der EU für Subventionen an Flughäfen seien Beihilfen nur noch bis höchstens 2024 zulässig. "Jede staatliche und auch kommunale Zuwendung an den Flughafen Friedrichshafen müsste deshalb im Lichte dieser Vorgaben sorgfältig geprüft werden", so ein Sprecher des Ministeriums.
Abseits staatlicher Stellen haben sich Politiker der Region in Sachen Flughafenkrise in Stellung gebracht. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Lothar Riebsamen sagte am Donnerstag: "Ich denke, dass der Flughafen Friedrichshafen für die Region unverzichtbar ist und alles dafür getan werden muss, die Zukunft des Flughafens zu sichern." Klaus Hoher, FDP-Landtagsabgeordneter im Bodenseekreis, forderte von Wirtschaftsminister Hermann sogar "schleunigst einen Krisengipfel", in dem die Gesellschafter zusammen mit den maßgebenden Akteuren ein Zukunftskonzept für den Airport entwickeln sollten.
Hochfliegende Pläne
Auch der Grünen-Landtagsabgeordnete Martin Hahn äußerte sich zur Causa Flughafen. Er sagte, er glaube, dass ein vom Kreistag in Auftrag gegebenes Gutachten zukunftsweisende Vorschläge für den Flughafen liefern könne. Durch das Land seien zunächst keinen weiteren Hilfen für den Bodensee Airport vorgesehen, erst Recht keine "wiederkehrenden Finanzhilfen". Die Exekutive werden die aktuelle Situation aber sicher genau prüfen.
Nicht zuletzt meldete sich die Fraktion der Grünen im Gemeinderat Friedrichshafen in dieser Sache zu Wort – offenbar ohne Absprache mit dem eigenen Abgeordneten. Die Stellungnahme ist äußert kritisch: "Das Prozedere wiederholt sich: Der Flughafen macht hochfliegende Pläne, die nur mit hohen Zuschüssen von Stadt und Kreis zu verwirklichen sind", sagte die Fraktionsvorsitzende Mathilde Gombert. In enger werdenden Abständen folge ein Absturz des Flughafens.
Für die Grünen sei ist es deshalb an der Zeit, über Alternativen nachzudenken. "Wir brauchen in Friedrichshafen dringend Flächen für Gewerbe und Wohnbau. Am Flughafen hätten wir genügend Platz, die Nachfrage von Unternehmen aus der Stadt und von außerhalb zu decken", heißt es weiter – was der Forderung nach einer Schließung gleichkommt. Der Abgeordnete Hahn konterte kurzerhand: "Ich würde erst mal kein Gewerbegebiet planen."